Abend 52 - Fernkurs MODES, Teil I
Dur/Moll-Skalen und sog. MODI
Sperriger Titel für an sich simple Dinge, die nur geschrieben sperrig klingen, aber auf der Ukulele gespielt im Ohr sehr viel Sinn machen, versprochen.
Dur- und Moll-Skalen
Vorgeschichte
Wie bereits jetzt hundertmal gespielt und gehört hast Du mittlerweile den Klang der C-Dur Tonleiter nebst dazugehörenden Akkorden im Ohr und - evtl. noch mit Mühe - sogar schon in den Fingern.
Du hast erlebt und spielend erlitten, dass man aus den 7 Tönen der Dur-Tonleiter CDEFGAB durch Terzschichtung (also gleichzeitiges Spielen jedes 2. Tones) harmonisch passende Akkorde bilden kann:
Dreiklänge aus Root-Terz-Quint
C d e F G a b C
und Vierklänge aus Root-Terz-Quint-Sept
Cmaj7 D-7 E-7 Fmaj7 G7 A-7 B-7b5
Man nennt dies das sog. diatonische System.
Später haben wir auch die dazugehörende parallele A-Moll Tonleiter kennengelernt, gehört und gespielt. Man nennt sie Mollparallele, weil sie aus den selben Tönen der C-Durtonleiter besteht, mit ihr sozusagen parallel läuft und sogar immer irgendwie mitklingt - ein Phänomen, das uns im Zusammenhang der sog. Modes immer wieder begegnen wird.
Jeder Stammton der existierenden 12 Töne und der daraus gebildeten 12 Dur-Tonleitern hat auf diese Weise seine Mollparallele.
Du weißt bereits, dass sich diese Tonleiter ganz einfach und praktisch aus den Tönen der C-Dur Tonleiter ergibt, wenn man die selben Töne der Durtonleiter nun aber mit dem Ton A beginnt statt mit C.
Man nennt sie Natürliche Molltonleiter.
Sie beginnt immer mit dem 6.Ton der Durtonleiter (oder je nach Zählgewohnheit mit der kleinen Terz vor dem Dur-Stammton). Dieses Prinzip gilt auch für alle uns bekannten 12 Töne.
Da sich so aber die dem Ohr gewohnten Abstände der Durtonleiter verschieben, hat der Klang eine andere Wirkung:
Aus C D EF G A BC
wird A BC D EF G A
- die erste Terz vom Stammton aus, der das sog. TONALE ZENTRUM bildet, ist in der natürlichen Molltonleiter eine kleine Terz.
Was unserem Ohr auffällt und in unserem Gehirn sowie vor allem Gefühl erstaunlichst melancholische Stimmungen erzeugt - weil wir das so gelernt oder gehört haben: Aus "Alle meine Entchen" (Durtonleiter) wird das melancholische Wasser der Moldau (Molltonleiter oder das "Lied der traurigen Entchen"). Singend, spielend wird das sofort klar.
Was Du noch weißt, was aber für die Modi jetzt erst einmal nicht so wichtig ist, aber später dann doch wieder:
Moll tritt mit etwas harmonischer "Trickserei" in 3 sehr schmackhaften Sorten auf als:
Natürliche Molltonleiter ohne Zusatzstoffe
Harmonische Molltonleiter mit würzigem Leitton
Melodische Molltonleiter mit geradezu bipolarem Geschmacksverstärker aus Moll und Dur zugleich. (Wir werden sehen und hören)
Dur- und Moll-Skalen und MODI
Aus der Vorgeschichte weißt Du jetzt, dass man das Verhältnis von (C-) Dur und (A-) Moll als eine besondere Weise des Hörens des selben Tonmaterials erlebt, das erstaunlicherweise die tiefsten Klangunterschiede und damit Klangerlebnisse erzeugt, die man sich nur vorstellen kann. Oder gibt es einen größeren Unterschied als von Himmelhochjauchzendheit (Dur) und Zutodebetrübnis (Moll) ???
Mit den selben Tönen !? - das bitte mal auf der Zunge zergehen lassen! Nur durch Position und Verhältnis zum Stammton (= tonales Zentrum)!!
Wenn Du nun konsequenterweise alle Töne und nicht nur den ersten und sechsten Ton der Durtonleiter in der gezeigten Weise in ein Verhältnis zueinander bringen möchtest (was du jetzt auch tun wollen sollst), kommst du zu ähnlichen Erfahrungen und Empfindungen, die sich in unserer bereits bekannten Paarung auf dramatischste Weise ausdrückt. Wir haben allerdings kulturell bedingt durch Hörgewohnheit nur dieses Paar (ionisch und äolisch genannt - Erklärung weiter unten!) sozusagen "trainiert" und die anderen, zuweilen subtileren Modi der Durtonleiter nicht so ohne Weiteres parat.
Einfach ausgedrückt handelt es sich bei den Modi also um eine Spielweise des Tonvorrats einer Durtonleiter, bei der man praktisch jeweils den Startpunkt unter Beibehaltung aller Intervalle der Durtonleiter verlegt und so aus den 7 Tönen 7 verschiedene Tonfolgen und damit Abstandsvarianten schafft, die sich irgendwie "anders" anhören und je nach Gewohnheit u.U. differenzierte Empfindungen/Anklänge/Assoziationen schaffen:
C D EF G A BC
D EF G A BC D
EF G A BC D E
F G A BC D EF
G A BC D EF G
A BC D EF G A
BC D EF G A B
Diese 7 unterschiedlichen Varianten einer Durtonleiter erzeugen tatsächlich 7 wahrnehmbar andere Klänge aus dem selben Tonmaterial!
Dein Augenmerk möchte ich zunächst auf die 7 TONALEN ZENTREN ( = die Stammtöne jeder Reihe, der jeweils tiefste Ton C,D,E,F,G,A,B) lenken, die immer den Klang bestimmen, sobald Du auf bewährte Weise die Terzen schichtest und dabei eine Reihe von unterschiedlichen Terzintervallen triffst, die nicht nur wie bekannt einen Akkord bilden, sondern auch noch jedem einzelnen Ton einer Reihe eine neue Funktion zuweisen:
C D EF G A BC = Cmaj7
D EF G A BC D = D-7
EF G A BC D E = E-7
F G A BC D EF = Fmaj7
G A BC D EF G = G7
A BC D EF G A = A-7
BC D EF G A B = B-7b5
Einfacher ausgedrückt schaffen die fett markierten Akkordtöne jeweils den stabilen oder passiven Part einer Tonleiterreihe, während die anderen Töne aktiv werden, in Bewegung geraten und ein oft uneindeutiges Streben oder Fallen entwickeln - was sich in dem am Anfang noch undeutlichen Gefühl niederschlägt, dass sich, obwohl man immer noch in C-Dur ist, mit der C-Dur-Tonleiter zB ab E gespielt alle Melodien oder Soli irgendwie ungemütlicher anhören...
Ein "Nebeneffekt" und Schluß aus der Sache bisher: Töne sind also immer relativ! Je nach Beziehung zB auf ein tonales Zentrum wird selbst aus dem harmlosesten scheinbaren Ruheton ein unruhiger Sinnsucher auf der Suche nach Ruhe oder Spannung...
Die seltsamen Namen der Modi
Nur soviel (später bei Bedarf gerne mehr). Die Namen der Modi sind antik, also steinalt und als die sog. Kirchentonarten in der Gegenwart bekannt geworden, vor allem aber, seit sie Miles Davis und damit der Jazz im sog. "Modal Jazz" (höre zB mal wieder "Kind of Blue"!) der 50er und 60er wiederbelebt hat - obwohl sie allen Musikanten und Komponierenden natürlich immer schon bekannt waren.
Ich finde die seltsamen Namen der Modi erinnerungs- bzw merktechnisch absolut gut, da so beeindruckend fremd und kraus, dass man sie sich merken muss/kann und hoffentlich damit dann auch das mit ihnen verbundene, da und dort herausfordernde Konzept.
In C-Dur bilden sich folgende Modi auf den Tönen der C-Dur-Tonleiter (die Stammtöne oder das jeweilige tonale Zentrum ist fett markiert):
I C D EF G A BC = IONISCH
II D EF G A BC D = DORISCH
III EF G A BC D E = PHRYGISCH
IV F G A BC D EF = LYDISCH
V G A BC D EF G = MIXOLYDISCH
VI A BC D EF G A = ÄOLISCH
VII BC D EF G A B = LOKRISCH
Achte einmal darauf, wie sich die Intervalle der Tonleitern verhalten und welche Variationen auftreten.
Verallgemeinert bilden sich in jeder Tonart so alle Modi auf gleiche Weise
I = IONISCH (DUR / maj7)
II = DORISCH (Moll / -7)
III = PHRYGISCH (Moll / -7)
IV = LYDISCH (DUR / maj7)
V = MIXOLYDISCH (DUR / dom7)
VI = ÄOLISCH (Moll / -7)
VII = LOKRISCH (Moll / Dim bzw halbvermindert)
Am Beispiel von G-Dur:
I G ionisch
II A dorisch
III B phrygisch
IV C lydisch
V D mixolydisch
VI E äolisch
VII Fis lokrisch
Praktischer Nutzen:
Der Ukulelist oder Gitarrist lernt anhand dieser "Formeln" damit verbundene, vor allem aber EINDEUTIGE Fingersätze und kann sie so leicht für jede Tonart auf dem Griffbrett verschieben - was wir üben werden!
Guitar Toolkit Dateien zu den Modi auf der Ukulele:
Hier zur Rekapitulation und auch zum Verständnis der Einordnung der dir bereits bekannten Modi im neuen Zusammenhang der Modi.
All das ist dir bereits vollständig bekannt, hat jetzt nur einen neuen Namen, C Dur heißt jetzt ionische Tonleiter, die darauf beruhende A-Molltonleiter ist äolisch. In allen Tonarten heißt die I.Stufe IONISCH, die VI.Stufe ÄOLISCH:
Nur damit du den Unterschied einmal siehst, hänge ich "C Mixolydisch (V)" an, erläutere dann aber erst in der nächsten Folge, was der Clou des Ganzen ist:
C MIXOLYDISCH (V):
Soweit der erste Teil für heute, genug Stoff für eine Woche beim Radfahren zu überdenken...
Bitte um Rückmeldung, ob der Stoff soweit verständlich ist und ob du es überhaupt schaffst, unterwegs was zu lesen!
Ich sende dir per email die Tage noch ein paar Garageband-Dateien zu den Modi, die Du hören kannst, sofern du auf deinem iPhone Garageband installiert hast.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen